Am 27. Januar 1945 hatte die Rote Armee die Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau befreit. Der Jahrestag ist seit 1996 in Deutschland der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Die Villa-ten-Hompel hatte zur Beteiligung an den Gedenkaktionen„#DeportationenSichtbarMachen“ und „#LichterGegendunkelheit“ aufgerufen. An vier Stellen in Münster wollten sie das Gedenken an die Deportationen vom 27. Januar 1942 und an die anderen Deportationen in die Vernichtungslager der Nazis ins Bewusstsein rücken. Im Südviertel waren Irma, Albert, Marianne, Rudolf, Sonja und
Uri Gumprich, zuletzt aus freien Stücken wohnhaft in der Südstraße 44, an diesem Tag deportiert worden.

Gedenken an der Südstraße 44

Aktive der "Initiative Südviertel gegen Rechts" haben sich an der Aktion
in der Südstraße beteiligt. Zahlreiche Nachbar:innen waren zum
 gemeinsamen Gedenken und Erinnern gekommen, darunter auch Kinder und
 Jugendliche.

Der Standort Südstraße 44 hat für unsere Initiative darüber hinaus noch
eine besondere Bedeutung: um die Ecke in der Leostraße 16 war mehrere
 Jahre das Büro der AfD Münster gewesen. 2018 war die "Initiative
 Südviertel - keine Nachbarschaft mit der AfD" entstanden. Das Ziel war
 das Verschwinden des AfD-Büros aus dem Südviertel. Im Herbst 2021 war
 das Ziel erreicht, die AfD musste das Büro aufgeben. Seitdem hat sich 
unsere Initiative umbenannt und heißt jetzt "Initiative Südviertel gegen 
Rechts", da mit dem Verschwinden der AfD aus dem Südviertel die Gefahr 
eines erstarkenden Rechtsextremismus keineswegs gebannt ist.

Wir haben an diesem Abend auch an anderen Standorten im Südviertel, die
 an Deportationen durch die Nazis erinnern, Lichtzeichen gesetzt: vor der
 Augustastraße 4, hier lebten bis zu ihrer Deportation und späteren
 Ermordung Alfred Steinberg, Helene Steinberg, geb. Wallerstein und Erich
 Steinberg, sowie vor der Hammer Straße 101, hier lebten bis zu ihrer
 Deportation Benjamin und Erich Cohen.

Wir werden auch bei anderer Gelegenheit mit Aktionen an Stolpersteinen
 im Südviertel die Erinnerung an die Deportationen und Verbrechen der 
Nazis wach halten.

Unsere Initiative hatte das freundliche Angebot erhalten, bei der
Vorpremiere von "JE SUIS KARL" am 14.9. im Cinema einen Infostand zu
gestalten. Darüber hinaus hatten wir auch die Chance, uns zur
Vorbereitung darauf den Film auf einem internen Treffen unserer
Initiative anzusehen.

Wir haben das Angebot gerne angenommen, um mit den Besucher:innen der
Vorpremiere ins Gespräch zu kommen. Das Interesse an den von uns
angebotenen Informationsmaterialien (unser aktueller Flyer zur
Bundestagswahl, kompakte Argumentationen der IG Metall und des DGB zur
AfD und anderen rechtsextremen Parteien, eine Broschüre von mobim) war
groß. Wir konnten mit vielen Besucherinnen ebenso freundliche wie
interessante Gespräche führen.
Der Film ist sicherlich nicht unumstritten, aber er bietet auf jeden
Fall viel Stoff für Diskussionen um das Auftreten rechtsextremer,
populistischer Parteien in der Bundesrepublik. Das ist im Vorfeld der
Bundestagswahl 2021 nicht zu unterschätzen.

Mehr Infos zum Film JE SUIS KARL

JE SUIS KARL ist eine Produktion der Kölner Pandora Film Produktion mit der tschechischen Negativ Film in Koproduktion mit dem WDR, DEGETO, RBB, ARTE und wird unterstützt von Film- und Medienstiftung NRW, DFFF, FFA, BKM, Medienboard Berlin-Brandenburg und Czech Film Fund. Pandora Film Verleih bringt den Film am 16. September 2021 in die deutschen Kinos.

Protest vor AfD-Kreisparteitag (Foto: G.Hofner)
Protest vor AfD-Kreisparteitag

Am Samstag, den 30. Januar haben wir zusammen mit dem Bündnis "Keinen Meter den Nazis" vor der Stadthalle Hiltrup gegen den AfD-Kreisparteitag demonstriert. Mehr als dreimal soviele Teilnehmer*innen als erwartet waren zum Gegenprotest gekommen. Den noch verbleibenden 90 Parteimitgliedern der AfD standen so 150 Protestierende gegenüber. Ein wichtiges Zeichen, denn trotz der letzten Niederlagen der AfD bleibt die Partei gefährlich und damit die Arbeit gegen Rechts im Superwahljahr 2021 wichtiger denn je.

In der Rede des Bündnisses wurde auch noch einmal unser Erfolg im Südviertel thematisiert. Die Rede kann man hier nachlesen.

Vor zweieinhalb Jahren fanden sich Nachbar*innen im Südviertel zusammen, um gegen das damals neu eröffnete Parteibüro der AfD in Münster zu protestieren und gründeten die „Initiative Südviertel – Keine Nachbarschaft mit der AfD!“. Das damals von allen gewünschte Ziel ist seit November des letzten Jahres erreicht. Das AfD Büro wurde geschlossen. Die Initiative bleibt weiter bestehen und nennt sich ab nun „Initiative Südviertel gegen Rechts!“.


Aus den ersten Zusammenkünften gründete sich 2018 die parteiunabhängige und basisdemokratische „Initiative Südviertel – Keine Nachbarschaft mit der AfD“, die seitdem mit vielen Aktionen im Viertel und über die Viertelgrenzen hinaus auf die menschenverachtende und ausgrenzende Politik der AfD aufmerksam gemacht hat.


„Als uns Ende Oktober die Nachricht erreichte, dass das Büro der AfD im Südviertel schließen muss, da die Partei nach der Kommunalwahl ihren Fraktionsstatus und damit ihre Finanzierunggrundlage für die Immobilie verloren hatte, waren wir gerade in der Planung unserer regelmäßigen Mahnwache in der Leostraße“,

so Gebhard Hofner von der Initiative.
Die Mahnwache im November wurde somit dann die letzte und daher kurzerhand zur Freudenwache umgetauft. Das Ziel war erreicht, es gab kein AfD-Büro mehr.

„Die Schließung des Büros ist ein Erfolg von Vielen, aber eben auch von uns. Die Verluste der AfD Münster sind ein Erfolg von vielen, aber eben auch von uns,“

resümiert Katharina Köhnke, eine der Gründer*innen der Initiative,

„Diese Initiative ist bundesweit eine der sehr wenigen dieser Art und hat sich bewiesen. Unsere Ausdauer, unsere Wut, die wir ins Konstruktive gelenkt haben, unsere Debatten, unsere Zeit, unser Auftreten in der Öffentlichkeit, all das war nicht umsonst.“

Die letzte reguläre Mahnwache im Oktober 2020
Die letzte reguläre Mahnwache im Oktober 2020

Nach dem Ende des Parteibüros der AfD stellte sich dann die Frage für alle Beteiligten der Initiative, ob und wie es weitergehen soll. Entschieden wurde dann auf einem digitalen Treffen im Dezember. Alle wollen weitermachen, als „Initiative Südviertel gegen Rechts!“.


„All die gemeinsam erlebten Entwicklungen, die Stunden an Arbeit und die gesammelten Erfahrungen in der basisdemokratischen Arbeit haben nicht nur zu einer funktionierenden Struktur geführt, es sind auch Freundschaften entstanden,“

so Kai Bürger von der Initiative,

„wir glauben, auch wenn das Büro nun nicht mehr existiert, haben sich die Ursachen für rassistisches Denken und rechte Strukturen ja nicht in Luft aufgelöst!“


Als Initiative Südviertel war es schon bislang ein wichtiger Teil der Arbeit, positive Aktionen zur Stärkung der Nachbarschaft durchzuführen. So organisierte die Initiative Südviertel zum internationalen Tag der Beseitigung der Rassendiskriminierung ein symbolisches Putzen der Stolpersteine, die an die Ermordung der Juden und Andersdenkenden unter den Nationalsozialisten erinnern. Und auch ein nachbarschaftliches Grillfest zum Kennenlernen gab es schon einmal, mit vollem Erfolg.
Diese positiven Akzente des gemeinschaftlichen Zusammenlebens sollen nun auch unter leicht geändertem Namen fortgeführt werden, genug Arbeit gegen Rechts wird es auch in Zukunft geben.

Liebe Freundinnen und Freunde!

In der Initiative Südviertel haben sich Nachbar*innen des Viertels und Unterstützer*innen zusammen gefunden, die gegen das AfD Parteibüro in der Leostraße 16 kämpfen. Mit uns gibt es keine Nachbarschaft mit der AfD! Das ist unser Motto. Einmal im Monat, an jedem ersten Donnerstag, protestieren wir mit einer Mahnwache vor dem Büro. Das machen wir bei jedem Wetter, zu jeder Jahreszeit. Seit Dezember 2018. Erst gestern war wieder der erste Donnerstag. Und wir haben dort gestanden und zum ersten Mal waren so viele Menschen da, dass die Leostraße für den Verkehr gesperrt werden musste. Das war ein guter Auftakt für unsere Proteste heute!

Das Parteibüro in der Leostraße ist die Machtzentrale der AfD in Münster. Es ist auch das Wahlkreisbüro von Michael Espendiller, dem einzigen Bundestagsabgeordneten aus dem Münsterland. Bis vor kurzem war er parlamentarischer Geschäftsführer seiner Partei im Bundestag. Es ist also ein wichtiger Machtort der AfD hier und darum ist es umso wichtiger, dieser Partei klarzumachen: Keine Nachbarschaft mit der AfD! Wir wollen euch nicht, niemand will euch hier!

Wir zeigen Gesicht gegen Rassismus, Hass und Menschenverachtung, im Südviertel, in Münster, egal wo in Deutschland. Und wir werden vor eurem Büro stehen, bis es geschlossen hat!

Unsere Arbeit im Südviertel beschränkt sich nicht nur auf den Protest gegen das Parteibüro der AfD. Wir versuchen auch immer wieder neben einer klaren Haltung gegenüber dieser Partei Positives für unser Zusammenleben im Viertel zu machen. Wir laden ein zu nachbarschaftlichen gemeinsamen Essen, erinnern bei Führungen durch das Viertel an die von den Nazionalsozialisten deportierten und ermordeten Nachbar*innen, wir versuchen mit den Menschen im Viertel ins Gespräch zu kommen.

Liebe Freundinnen und Freunde, im Rathaus von Münster treffen sich gerade Faschisten und Neonazis um auf ihren Erfolg in Thüringen anzustoßen. Das wird dort drinnen gerade gefeiert, das ist klar. Der rechtsextreme Parteivorsitzende Jörg Meuthen stößt gerade mit dem NRW Landesvorsitzenden Rüdiger Lucassen und dem Landesvorsitzenden aus Sachsen Jörg Urban an. Jörg Urban, den man laut Gerichtsurteil einen Neonazi nennen darf.
Wenn der Landesverband der AfD mit Lucassen an der Spitze sich als gemäßigt bezeichnet, sollten wir uns davon nicht täuschen lassen.
Die AfD im Ganzen lehnt unsere freiheitlichen demokratischen Grundwerte ab. Sie ist eine faschistische Partei.
Wir alle wissen inzwischen, was lange in konservativen politischen Kreisen versucht wurde kleinzureden: eine Minderheit um die 15 - 20 % der Bevölkerung ist nationalistisch und antidemokratisch eingestellt.
Die AfD ist nicht deren Wurzel, sondern deren Pflanze.

Diesen Menschen müssen wir, die wir mehr sind, unmissverständlich klar machen: Wer AfD wählt, wählt Rassisten und Nazis und hat in unserer Gesellschaft nichts verloren!

Die Ereignisse um die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen machen noch etwas sehr deutlich. Dieses eklatante Versagen von CDU und FDP, dieser Verrat an unserer Grundhaltung, dass man sich niemals mit Faschisten einlassen darf, zeigt uns das Demokratiedefizit in unserer Gesellschaft auf.

Wir leben inzwischen in einer pluralistischen und bunten Gesellschaft.
Und dennoch ist Rassismus tief verwurzelt hier in unserem Land.
Denn an den Orten der Macht bildet sich unsere vielfältige und bunte Realität nicht ab.
Es hilft also nicht, nur mit dem Finger auf die AfD zu zeigen.
Wir müssen uns unseres alltäglichen strukturellen Rassismusses bewusst werden und daran arbeiten.
Denn solange ich als weißer Mann, als der ich hier stehe, bessere Chancen habe in dieser Gesellschaft, in der Menschen anderer Herkunft, anderer Hautfarbe, anderem Geschlecht immer noch benachteiligt sind, ist Rassismus ein Teil von uns allen!
Deshalb fängt der Kampf gegen die AfD bei uns selbst an, in unserer Familie, bei unseren Freund*innen, in unserer Nachbarschaft!

Arbeiten wir gemeinsam daran, dass die AfD bei den Kommunalwahlen in diesem Jahr nicht mehr in den Rat einziehen kann – damit dieser Neujahrsempfang deren letzter im Rathaus war!